Call for Papers – Kontakte, Austausch und Auseinandersetzung von Theoretiker*Innen und Praktiker*Innen aus den Bereichen Architektur, Kunst und Denkmalpflege in Europa vom 18. Jahrhundert bis heute

Publié le 4 septembre 2023 Mis à jour le 4 décembre 2023
le 1 décembre 2023
30. und 31. Mai 2024
Metz, Université de Lorraine, Campus du Saulcy

Das Ziel dieses Kolloquiums ist, die Kontakte, die Austausche und die Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Akteur*Innen im Bereich des Kulturerbes zu untersuchen. Historiker*Innen, Kunsthistoriker*Innen, Architekten*Innen, Stadtplaner*Innen, Gesetzgeber*Innen, Kunstkritiker*Innen, Akademiker*Innen - diese Akteur*Innen haben zur Entwicklung vielfältiger, sich ergänzender, aber oft zu stark voneinander abgeschotteter Studienfelder beigetragen.

In einem Interview erinnert sich Bernard Toulier 2021 an die Schwierigkeiten, die er während einer europäischen Mission beim Umgang mit Begriffen aus dem Bereich des „patrimoine“ hatte, da Konzeptionen, Wortschatz, Ausbildung und Praktiken so sehr von nationalen Besonderheiten geprägt sind.

Naiv dachte ich damals, es gäbe nur eine einzige Art, das „patrimoine“ zu betrachten, ein neuer Begriff, der in den 1980er Jahren in Frankreich aufkam. [...] Und nun hatte ich zwanzig Leute vor mir, die genau das Gegenteil dachten, indem sie die Anordnung dieser französischen Werte des Kulturerbes umkehrten! [...] Wir sahen die Grenzen der nationalen Egozentrik: Wir waren größtenteils mit Methoden vertraut, die letztlich eine nationale Kunstgeschichte vertraten. Wie sollte man also ausgehend von einer nationalen Geschichte ein gemeinsames Kulturerbe aufbauen?[1]

Obwohl es seit mehr als einem Jahrhundert internationale Konventionen und Chartas gibt, die einen gemeinsamen Blick auf diese Fragen vorschlagen, scheint es unmöglich, die Denkmalpflege und das Kulturerbe unter einem einzigen Blickwinkel zu betrachten. Vielleicht ist es gerade die Vielfalt der Ansätze, die den Aufbau eines transdisziplinären und transnationalen Begriffs des patrimoine oder Kulturerbes ermöglicht.

Das Ziel dieses Kolloquiums ist, die Kontakte, die Austausche und die Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Akteur*Innen im Bereich des Kulturerbes zu untersuchen. Historiker*Innen, Kunsthistoriker*Innen, Architekten*Innen, Stadtplaner*Innen, Gesetzgeber*Innen, Kunstkritiker*Innen, Akademiker*Innen - diese Akteur*Innen haben zur Entwicklung vielfältiger, sich ergänzender, aber oft zu stark voneinander abgeschotteter Studienfelder beigetragen.

Während im 18. Jahrhundert die Wahrnehmung von Werken, Stätten und Artefakten der Vergangenheit die Problematik der Erhaltung, Restaurierung und Rekonstruktion früherer Zeugnisse aufkommen ließ, wurden diese Fragestellungen im 19. Jahrhundert von nationalen Ideologien geprägt, da es die Zeit der Bildung der Nationalstaaten war. Die großen Konflikte des 20. Jahrhunderts und das Ausmaß der daraus resultierenden Zerstörungen führten zu einem gemeinsamen und kollektiven Nachdenken über den Platz des Kulturerbes innerhalb der Gesellschaften. Heute arbeiten die Staaten auf verschiedenen Ebenen an diesen Fragen, mit eigenen Gesetzen, aber auch durch kollektive Arbeitsorgane auf europäischer Ebene oder im Rahmen der Vereinten Nationen.

Der Fokus liegt darauf, die Auswirkungen des Austauschs und seiner Rezeption auf die Entwicklung von Doktrinen für die Denkmalpflege von Kunstwerken und historischen Denkmälern, sowohl auf staatlicher als auch auf internationaler Ebene zu messen. Das Verlagern von Werken, sowie die Mobilität von der Praktiker*Innen ist ebenfalls Teil dieser Überlegungen und wird in die Thematik des Kulturtransfers eingebunden.[2]

Es gibt zwar Forschungen, die sich vom 18. Jahrhundert bis zum heutigen Tag mit der Entwicklung der Ausbildung und der Politik im Bereich der Erhaltung, des Schutzes und der Erhaltung des kulturellen Erbes befassen, doch nur wenige Studien haben sich mit dem kooperativen, freundschaftlichen oder konfliktreichen Austausch zwischen Theoretiker*Innen und Praktiker*Innen der einzelnen Ländern auseinandergesetzt. Dabei haben Forscher*Innen, wie Michael S. Falser[3] oder Michaela Passini[4], die Politik und den Diskurs über Denkmäler, Denkmalpflege, Kulturerbe und Kultur untersucht, die auch in Bezug auf die in den Nachbarländern herrschenden Politik konstruiert wurden.

Dieses Kolloquium beabsichtigt, sich auf diese transdisziplinäre Ebene zu konzentrieren und dabei die Pluralität der positiven, negativen, einvernehmlichen oder konfliktreichen Austausche zwischen den Akteur*Innen der Künste, der Denkmalpflege und des Kulturerbes zu betonen. Die Veranstaltung bietet auch die Gelegenheit, über geeignete Methoden nachzudenken, um die Auswirkungen dieses Austauschs, sowohl auf die Praxis der Denkmalpflege und als auch auf ihre theoretischen Fragestellungen zu bewerten, zu kommentieren und zu messen.

Obwohl wir uns besonders für den französisch- und deutschsprachigen Raum interessieren, sind andere europäische Staaten nicht ausgeschlossen: Die sich in den letzten Jahrhunderten verändernden Grenzen Europas und die Mobilität von Gütern und Personen bieten eine ergänzende Perspektive für den Austausch zu Fragen des Kulturerbes über feste (staatliche) Grenzen hinaus. Wir möchten daher die Rolle dieses Austauschs bei der Entwicklung von Doktrinen und Politik in Bezug auf Denkmäler, Denkmalpflege, Kulturerbe und Kunstwerke auf verschiedenen Ebenen - lokal, national und international - hinterfragen. Außerdem sollen der Inhalt und die Entwicklung dieser Kontakte zwischen verschiedenen internationalen Akteur*Innen im Zuge der Konstruktion und der Institutionalisierung der Wissenschaften des Kulturerbes, der Denkmalpflege und der Kunst miteinander verglichen werden[5].

Das Kolloquium bieten vier Schwerpunkte an:

 

  1. Beziehungen, Übereinstimmungen und Foren
  2. Stätten, Orte, Institutionen und Strukturen der Begegnung
  3. Veröffentlichungen, Ausgaben, Übersetzungen
  4. Mobilität von Werken, Mobilität von Menschen

Call for papers (detailliert) PDF

 

Modalitäten für die Einreichung von Vorschlägen

Die Vortragsvorschläge sollten neben einer Zusammenfassung des geplanten Beitrags (max. 500 Wörter) eine kurze Bio-Bibliografie sowie die institutionellen Kontaktdaten enthalten. Das Kolloquium wird auf Deutsch und Französisch abgehalten. Referatsvorschläge können in einer der beiden Sprachen eingereicht werden und müssen bis zum 1. Dezember 2023 an folgende E-Mail-Adressen gesendet werden:

mathilde.haentzler@uha.fr

solene.scherer@univ-lorraine.fr

 Das Kolloquium wird in hybrider Form abgehalten, sowohl auf dem Campus du Saulcy (Amphithéâtre Simone Veil) in Metz, Université de Lorraine, als auch online, am 30. und 31. Mai 2024. Die Reisekosten können den Teilnehmer*Innen, die anreisen, gegen Vorlage der Fahrscheine erstattet werden. Das Organisationskomitee übernimmt die Kosten für die Mahlzeiten (Mittags- und Kaffeepausen) für die gesamte Gruppe.

Wissenschaftliches Komitee:

  • Sylvie Arlaud, Sorbonne Université
  • Gabriele Dolff-Bonekämper, Technische Universität zu Berlin
  • Michael Falser, Technische Universität München
  • Godehard Janzing, Universität Marburg
  • Dominique Poulot, Université Panthéon-Sorbonne

[1] Michler, Frauke und Bernard Toulier. " Das Kulturerbe des Anderen verstehen. Interview mit Bernard Toulier, Conservateur général honoraire du patrimoine, Ministère de la Culture, Paris". In Denkmalwelten und Erbediskurse, von Simone Bogner, Sylvia Butenschön, Jurek Elzanowski, Stephanie Herold, Kirsten Krepelin, Frauke Michler und Gülsah Stapel, 173-79. Berlin: Urbanophil, 2021, S.175.

[2] Michel Espagne, Michael Werner, Transferts: les relations interculturelles dans l'espace franco-allemand (XVIIIe et XIXe siècle) (Transfers: interkulturelle Beziehungen im deutsch-französischen Raum (18. und 19. Jahrhundert)), Paris, Editions Recherche sur les civilisations, 1988.

[3] Michael S. Falser, Zwischen Identität und Authentizität. Zur politischen Geschichte der Denkmalpflege in Deutschland, Dresden: Thelem, 2008.

[4] Michela Passini, La fabrique de l'art national: le nationalisme et les origines de l'histoire de l'art en France et en Allemagne, 1870-1933, Paris, Éditions de la Maison des sciences de l'homme, 2012.

[5] Zur "trans-kulturellen" Verwobenheit der materalen, sozialen und mentalen Ebene des Kulturerbe-Konzepts hinsichtlich der globalen Austausch- und Zirkulationsprozessen von Know-How zu denkmalpflegerischen Umgangsformen, von AkteurInnen und Institutionen und von Begriffen und Konzepten zuletzt auch methodisch und in Relation zu nationalen, kolonialen wie auch globalen Dimensionen: Michael S. Falser, Monica Juneja (Hg.), Kulturerbe und Denkmalpfpege transkulturell. Grenzgänge zwischen Theorie und Praxis, Bielefeld, transcript, 2013.

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