Das Spiel im deutschsprachigen Raum – unter kulturellen und ästhetischen Gesichtspunkten

In vier Arbeitssitzungen zu diesem Themenbereich in den Jahren 2008-2009 wurde zunächst ein chronologischer und theoretischer Rahmen abgesteckt. Zu diesem Zweck wurden von Mitgliedern der Forschungsgruppe insbesondere Referate über die Theorien von Huizinga und Caillois, über Spiel und Vergnügen im Zeitalter der Aufklärung und über den Spieltrieb bei Schiller gehalten.

Zwei Studientage fanden bereits in Montpellier zu den Themen « Spiel und Theater » (Ph. Wellnitz) und « Maskenspiele » (C. Stange-Fayos, K. Wimmer) statt.

Drei weitere Studientage sollen sich in Montpellier mit dem Thema « Spiel und Simulation beim Erlernen fremder Sprachen und Kulturen – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft » beschäftigen (R. Sauter, M. Godé, F. Knopper). Es wird darum gehen, ausgehend von einer historischen Bestandsaufnahme die diesbezügliche Situation in Frankreich zu beleuchten und der Frage nachzugehen, welche Rolle Spiel und Simulation künftig in der Fremdsprachendidaktik in Schulen und Universitäten spielen können, wobei die Fallbeispiele zumeist dem Bereich Fremdsprache Deutsch entnommen werden.

Ein internationales Kolloquium, das in zwei Phasen in Montpellier und Toulouse geplant ist, wird unter dem übergreifenden Thema stehen: « Zwischen Freiheit und Zwang: das Spiel im deutschen Sprachraum »:
A- 18.-20. März 2010 (Montpellier, Ph. Wellnitz),
B- 20.-22. September 2010 (Toulouse: M. Coustillac, F. Knopper).

A. In Montpellier wird es schwerpunktmäßig um Spielregeln zwischen Zwang und künstlerischer Freiheit gehen. Spiel ist einerseits Selbstzweck, kann aber ohne Regeln nicht funktionieren. Nach Wittgenstein ist die Frage einer allgemeingültigen Definition dessen, was unter « Spiel » zu verstehen ist, nicht zu lösen, Spiel könne immer nur als Einzelphänomen beschrieben und erfasst werden. Diesem Ansatz wird das Kolloquium folgen – die Spannbreite soll von Opitz' Poetik über die Regeln des klassischen Theaters bis hin zu narratologischen Strategien in der erzählenden Literatur gehen. Dabei wird der Spielbegriff nicht nur thematisch – Spiel als Motiv und Metapher – aufgefasst, sondern auch im Zusammenhang mit dem literarischen Produktionsprozess – Spiel als Strategie und Intention des schreibenden Subjekts. Ein besonderes Schwergewicht wird auf den Kontext gelegt: Die Moderne, die in allen literarischen Gattungen durch eine Emanzipation von überkommenen Regeln und dem Prinzip der Mimesis charakterisiert ist, schafft die Voraussetzungen für den freien, oft avant-gardistischen Einsatz spielerischer literarischer Strategien. Sprachspielerische Tendenzen sind vorwiegend in poetischer und dramatischer Literatur auszumachen, während eine Behandlung des Spiels als Stoff vor allem in der erzählenden Prosa zu finden ist.

B. In Toulouse soll es unter dem Titel « Spiel, Wettbewerb und Macht » um jene Formen des Spiels gehen, bei denen in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Erziehung, Sport, Rhetorik, Theater oder Literatur Kräfte- und Machtverhältnisse eine Rolle spielen bzw. entstehen. Die Soziologie liefert hierzu wichtige Schüssel: Elias sieht im Spiel ein Grundprinzip der Gesellschaftsstruktur und definiert z. B. die höfische Gesellschaft als großes Spiel. Für Caillois stellt der Agon in Form des geregelten Wettbewerbs eines der Charakteristika entwickelter und insbesondere demokratischer Gesellschaften dar, wobei dieser Wettbewerb im Idealfall auf das Prinzip der fairen Konkurrenz zwischen rechtsgleichen Partnern gegründet sei. Der Wettbewerb werde institutionell gefördert, da er sich leistungssteigernd und agressionshemmend auswirke. Es soll untersucht werden, nach welchen Kriterien aus Spiel Wettbewerb wird und umgekehrt, welche Veränderungen bei diesen Prozessen das ursprüngliche Regelsystem und die Zielsetzungen erfahren.