Prosa und Lyrik

Verantwortliche: Y. Iehl / N. Lapchine / K. Wimmer


Zwischen 2010 und 2014 hat die Forschungsgruppe „Prosa und Lyrik“ beschlossen, die literarische Rezeption gegenkultureller Bewegungen in Deutschland und den deutschsprachigen Ländern seit 1960 zu erforschen. Der Begriff der Gegenkultur wird mit Theodor Roszaks The making of a counter culture (1968/1969) als Protestbewegung gegen die Normen, Wertvorstellungen und den Verhaltenskodex der dominierenden Kultur verstanden. Diese Revolte gegen die vorherrschende Kultur geht mit dem Anspruch einher, eine radikale Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse einzuleiten und damit auch die Emanzipation des Individuums zu fördern, also die Verwirklichung der „konkreten Utopie“ im Sinne Ernst Blochs.

So wird uns die Frage beschäftigen, welchen spezifischen Niederschlag diese Phänomene insbesondere in Lyrik und Prosa gefunden haben. In diesem Zusammenhang ist auch zu erkunden, inwieweit die Literatur ihrerseits an der Entstehung von Gegenkulturen oder Subkulturen mitgewirkt hat bzw. deren Ziele und Wertvorstellungen weiter verbreitet hat. Inwiefern hat die Krise des utopischen Bewusstseins nach dem Scheitern der Protestbewegungen Ende der sechziger Jahre eine Entpolitisierung der Utopien und der Emanzipationsbewegungen zur Folge gehabt? Welche anderen Formen des gesellschaftlichen Engagements sind entstanden? Welchen Widerhall hatten diese Phänomene in der Literatur der Bundesrepublik und der DDR, aber auch in den anderen deutschsprachigen Ländern?

In methodologischer Hinsicht setzt die Erforschung der Konvergenz- und Divergenzpunkte zwischen Literatur und Gegenkultur(en) auch eine Reflexion über die Funktionsbestimmung von Literatur voraus, die gleichzeitig als „soziales Faktum“ wie als „ästhetisches Phänomen“ begriffen wird. Die Frage nach den Wechselwirkungen zwischen Literatur und Gegenkultur(en) nach 1960 bzw. den gattungsspezifischen Reaktionsmustern in Prosa und Lyrik eröffnet unterschiedlichste Themenfelder, für die sich eine Darstellung nach Jahrzehnten anbietet, ohne dass damit andere Ansätze ausgeschlossen wären: Politisierung der Literatur um 1968 im Zusammenhang der „kulturellen Revolution“, Emanzipation des Individuums in den 1970er Jahren, Underground-Literatur und Subkulturen in der DDR besonders der 1980er Jahre (z.B. Prenzlauer-Berg-Szene, Punk-Bewegung), Reaktionen auf die Umweltbewegungen, Zusammenbruch der politischen Utopien vor und nach der Wende, „Popkultur“ in den 1990er Jahren, Reflexion über das literarische und kulturelle Erbe von 1968… Eine besondere Aufmerksamkeit soll auch der verstärkten Rezeption der Us-amerikanischen Literatur und gegenkulturellen Bewegungen ab ca. 1960 sowie der Spezifizität dieses Kulturtransfers gelten.

Weitere mögliche Fragestellungen sind der Einfluss von Theoriekonzepten (Herbert Marcuse, Wilhelm Reich, Guy Debord u.a.), die Entwicklung neuer Schreibweisen (Dokumentarliteratur, „Tod der Literatur“...), die Distributionsformen (Kleinverlage, Samizdat, Underground-Zeitschriften, Flugblätter etc.), die Einführung neuer Themenfelder („sexuelle Revolution“, Drogen, Homosexualität, Frauenemanzipation, Rockmusik, Pornographie..), die Umbrüche im Gattungssystem (Narrativierung der Lyrik, Multimedialität, Renaissance der Collage/Montage, Aufwertung des Comics etc.)

Veranstaltungen



  • Journée d’études IRPALL* sous la direction scientifique de Yves Iehl (CREG) et Jean Nimis (Il Laboratorio) : « Le récit bref au miroir de l’adaptation cinématographique dans l’espace européen » (23. 5. 2014, UTM)

  • Journée d’études sous la direction scientifique de Katja Wimmer : « Modèle/Imitation/Copie » (Printemps 2014, UPV)

  • Journée d’études IRPALL* sous la direction scientifique de Yves Iehl (CREG) et Jean Nimis (Il Laboratorio) : « Texte, image, transformations, métamorphoses : nouvelle et devenir autre aux XXe et XXIe siècles – Récits brefs et Arts visuels en regard » (31. 5. 2013, UTM)

  • Journée d’études IRPALL* sous la direction scientifique de Yves Iehl (CREG) et Jean Nimis (Il Laboratorio) : « Cadre et représentation dans la nouvelle européenne aux XXe et XXIe siècles – Récits brefs et Arts visuels en regard » (1. 6. 2012, UTM)

  • Journée d’études sous la direction scientifique de Christina Stange-Fayos et Katja Wimmer : « Jeux de rôles, jeux de masques. » (27. 11. 2009, UPV)